“Freccia d’Europa” in deutscher Sprache

Antonio Moresco

Europa ist ein Schmelztiegel der Völker aller Erdenwinkel, der Sprachen, der Geschicke, der Leiden, Kämpfe und Träume.

Vor ungefähr 500000 Jahren sind einige weibliche und männliche Vertreter einer nie zuvor gesehen, auf nur zwei Beinen aufgerichteten Art nach einem endlosen Marsch vieler Generationen durch eine Welt, so geheimnisvoll und betörend wie eine Erscheinung, in diesem nördlichen Kontinent angelangt.

Von da an sind in der Geschichte Europas kühne Erfindungen, eine nach der anderen, im Augenblick vorher noch unmögliche Träume, einer nach dem anderen umgesetzt worden, sind sich aber auch Übergriffe, Ungerechtigkeiten, Kriege, Genozide bis hin zum letzten, größten, niemals zuvor auf diesem Planeten geführten Krieg und zum absoluten Horror des Holocaust aufeinander abgefolgt.

Das Europa, was wir es in diesen Jahren vor uns haben, scheint von einem Zauber versteinert, Größe in ihm nicht mehr möglich zu sein. Kurzsichtige, nationale Egoismen, Opportunismen, doppeltes Spiel, zur Schau gestelltes Lächeln, hinter dem sich heimliche Feindschaft, Täuschungsmanöver, Verdachte, Fortführung alter Kriege mit anderen Mitteln verbergen, die neue Tyrannei ökonomischer Dimension, errichtet allein im Horizont von Leben und Welt, die die Bürger jeden Verständnisses dessen, was wirklich vor sich geht, und jeder Möglichkeit der Teilnahme und der Überwindung beraubt, eine häufig zur Schau getragene Demokratie, hinter der seit langem jeder Möglichkeit kollektiver Kontrolle entzogene multinationale Organismen  und eine neue allein von internen Dynamiken angetriebene ökonomische Finanzkaste operieren, die sich wie Heuschreckenschwärme bewegen und nichts als Verwüstung und Schmerz hinter sich zurücklassen, während die Augen der Massen auf die unehrenhaften Taten anderer, inzwischen abtretender politischer Kasten gerichtet sind.

All das während in anderen Weltgegenden von alters her kommende und moderne Kolosse im Aufwind stehen, die in vielen Fällen dieselben von den europäischen Mächten im Lauf der Zeit verfolgten zukunftslosen, implosiven Logiken durchlaufen und sich zu eigen machen.

Während des letzten Weltkriegs haben Altiero Spinelli und Ernesto Rossi aus dem Gefängnis von Vertotene zwei zerstörerische Konflikte und die in diesem kleinen Kontinent gewachsenen Totalitarismen bilanzierend als Ausweg und neuen, anderen Anfang auf ein föderales, freies und vereinigtes Europa verwiesen. Noch vor ihnen hatten sich andere: Michelet, Guizot, Mazzini, Cattaneo ein Europa der aufbegehrenden Völker gegenüber den erdrückenden, damals herrschenden Kasten erdacht und erträumt. Nach ihnen hatten Leute wie De Gasperi, Schuman und viele andere mit einer ganzen Reihe groß angelegter politischer Handlungen damit begonnen, diesen Traum ins Leben zu überführen.

Wie anders ist doch das gegenwärtige Europa vor uns als das von seinen Begründern Erträumte!

Welches könnte in der vernetzten Welt von heute die Stellung Europas sein? Was Europa heute geben könnte, ist nicht die Neuauflage in anderen Formen seiner alten Arroganz, als es riesige Territorien kolonisierte und  enteignete und ihre alteingesessenen Bewohner unter dem Vorwand, sie zu zivilisieren, abschlachtete und sich ihrer Rohstoffe und Wirtschaftssysteme bemächtigte. Doch ebenso wenig die melancholisch desillusionierte Weisheit von Überlebenden eines Friedhofskontinents, der inzwischen auf dem Abstellgleis ausrollt. Wir träumen von einem vereinten Europa, von einem noch immer zu Größe und Vision fähigen experimentellen Kontinent, in dem sich noch dazu beitragen lässt, dass eine neue, andere Möglichkeit zu leben auf diesem übervölkerten und erschöpften Planeten und ein neues Abenteuer in einem entscheidenden Augenblick für unsere Spezies entstehen, einer Spezies, die sich selber zur klügsten der Welt erklärt hat, sich stattdessen aber als die verstockteste, die gierigste, die unverbesserlichste, die selbstmörderischste erweist.

Nur können wir uns nicht fortwährend in Groll und Anklage verkapseln und zugleich auf die Dinge von oben warten, von Organen, die häufig um ihre eigene Autorefenzialität kreisen und die nicht in der Lage sind, aus ihrer einzigen Umlaufbahn und der eigenen Sackgasse auszuscheren. Wir müssen den Mut aufbringen, um autonom und vorausgreifend zu handeln, um Signale auszusenden, die ankündigen, dass die Völker Europas den Zauber brechen, sich wieder in Bewegung setzen und zur Entstehung eines neuen Kontinents beitragen wollen.

Il primo amore, die Zeitschrift und der Verband, möchte nach dem Fußmarsch, genannt CamminaCammina, im Vorjahr von Mailand nach Neapel, um Italien mit unseren Schritten wieder zusammenzunähen, nach dem langen Sternmarsch aus allen Angelpunkten unseres Landes zu seinem erdbebenzerstörten Herzen L´Aquila in den vergangenen Monaten, Stella d´Italia von uns genannt, möchte also jetzt seinen kleinen Beitrag zu diesem Traum leisten und einen Fußmarsch, Freccia d´Europa genannt, von Italien nach Straßburg, zum Sitz des Europäischen Parlaments, über den antiken sog. Frankenweg der Pilger vorschlagen. Der Fußmarsch wird von Italien ausgehen, doch regen wir an, dass auch andere Fußgänger aus anderen auf unserem Weg liegenden europäischen oder noch weiter entlegenen Ländern teilnehmen, an der Spitze des Pfeils zusammenlaufen, um den Pfeil wieder neu abzuschießen.

Abmarsch bei Mantova, weil vor einigen Jahren an seinen Stadttoren die Skelette zweier sich umarmender  vorgeschichtlicher Jugendlicher, zur Zeit im Archäologischen Museum Mantova aufbewahrt, gefunden wurden.

Von dort aus wollen wir losmarschieren.

Um zu sagen, dass Europa vorher angefangen hat, vor seiner Geschichte, vor seinen schrecklichen Kriegen und Genoziden. Und dass es auch danach fortbestehen kann, fortbestehen wird, in Weisen und Formen, die wir uns im Augenblick nicht im Entferntesten auszudenken vermögen, zu deren Ersinnen wir aber beitragen können.

Die Organisation dieses neuen Fußmarsches wird Schritt um Schritt mit der Ausarbeitung von Gedanken und Vorschlägen vonstatten gehen, die wir nach und nach auf unseren websites bekannt geben werden. Doch möchten wir auch gern andere Gedanken und Vorschläge, andere Verbände und Einzelpersonen weitervermitteln, um sie so viel wie möglichen uns erreichbaren italienischen und europäischen Bürgern bekannt zu geben. Und um sie – mit der Bewegung unserer eigenen Körper – bei allen öffentlichen Gelegenheiten und an allen institutionellen und nicht institutionellen Sitzen, die uns aufnehmen und Gehör schenken, in Umlauf zu bringen.

(Traduzione di Sabine Schneider)

Condividi > Share on FacebookTweet about this on TwitterShare on Google+Share on TumblrShare on RedditEmail this to someonePrint this page

Lascia una risposta